Die zur Zeit in Griechenland lebende Künstlerin mit der außergewöhnlichen Stimme konnte man im Rahmen des diesjährigen W-Festivals live in der St. Peters Kirche in Frankfurt erleben. Kovacs stellte ihr 2018 veröffentlichtes Album Cheap Smells vor. Mit der Single My Love ihres 2015 erschienenen ersten Albums eroberte die gebürtige Niederländerin bereits die Charts. Ihre Musik wird als Future-Soul beschrieben und besteht aus einer ganz eigenen Mischung unterschiedlichster Genres. Doch am beeindruckendsten ist ihre Stimme, denn hat man sie einmal gehört, erkennt man sie sofort wieder.
Die ungewöhnliche Location, eine ehemalig evangelische Kirche, ist von außen bereits beeindruckend und von der Größe perfekt geeignet für ein Konzert. Doch am Eindrucksvollsten ist die bemerkenswerte Akustik des inzwischen zum Jugendzentrum ausgebauten Gebäudes.
Nachdem die kanadische Singer-Songwriterin Ann Vriend mit ihrem Soloauftritt am Piano den Abend eingeläutet hat, wartet das Publikum gespannt auf die Performance von Kovacs. Die Bühne ist dunkel und Nebel steigt auf. Die Band und zwei Backroundsängerinnen betreten die Bühne. Die ersten Takte von I Better Run erklingen und Kovacs erscheint. Ihr schwarzes Outfit ist halb verborgen unter einem riesigen transparenten Plastikmantel und auf dem Kopf trägt sie einen auffälligen Hut. Sie beginnt zu singen und fesselt das Publikum mit ihrer so rauen und gleichzeitig sanften Stimme. Sie erfüllt den gesamten Raum von Anfang an.
Sie verliert nicht viele Worte zwischen den Liedern. Einige Male grüßt sie das Publikum in ihrem gebrochenen Deutsch, und auch wenn sie nicht alles verständlich macht, stoßen ihre Worte auf begeisterten Jubel. Nach jedem Lied ertönt überwältigender Applaus, der nach ein paar besonders beeindruckenden Stücken kaum ein Ende findet. Sie präsentiert ihr neues Album, doch auch von ihrem ersten Album Shades of Black gibt Kovacs einige Lieder zum Besten. Neben dem bekannten My Love darf ich sogar in den Genuss meines persönlichen Lieblingsliedes des Albums kommen: Wolf In Cheap Clothes.
Die Band ist im Kontrast zu ihrer vorherigen Tour, die eher streicherlastig war, besetzt mit einem Schlagzeuger, einem Bassisten, einem Keyboarder und einer Gitarristin. Zudem gibt es zwei Backroundsängerinnen und einen Trompeter. Die Trompete kommt bei fast jedem Lied zum Einsatz und passt nicht nur zu den unterschiedlichen Stimmungen, es wird auch die Wandelbarkeit des Instruments deutlich. Sie verleiht vielen Songs etwas Besonderes und harmoniert wunderbar mir der rauchigen Stimme der Sängerin.
Die zierliche Holländerin, der man ihre imposante Stimmgewalt gar nicht ansieht, hat mich bereits 2015 mit dem Erscheinen ihres ersten Albums verzaubert, und so bin ich sehr dankbar, dass ich sie im Rahmen des W-Festivals live erleben durfte. Neben Weekend, ihrer ungewöhnlich fröhlich anmutenden neuen Single im Reggaestyle, ist das Album recht düster. Der Song Oblivion ist der Höhepunkt der Düsternis. Dass diese an einen Horrorfilm erinnernde Musik auf dem selben Album erschienen ist wie Weekend, ein Lied über die Vorfreude auf das kommende Wochenende, zeigt die Wandelbarkeit dieser besonderen Künstlerin.
Die Handtücher, die zu Beginn des Konzerts an alle Bandmitglieder verteilt wurden, werden bereits nach wenigen Songs dringend benötigt. Alle verausgaben sich, doch Sharon Kovacs selbst am aktivsten. Sie legt ihr Herz in jeden einzelnen Song und transportiert Drama und Freude dicht beieinander. Ihrer Mimik und Körpersprache ist es anzusehen, wie sehr sie die einzeln Songs fühlt und es ist schnell klar, dass Kovacs Musik nicht zum Einfach-Singen gedacht ist. Jeder Ton ist wichtig und jedes Wort bedeutungsvoll. Das Drama und die Verzweiflung, die in vielen Liedern mitschwingen, versteht Kovacs auf besondere Weise an das Publikum zu transportieren und man spürt, dass alle im Publikum Anwesenden ihren Schwermut und auch ihre Freude mitempfinden können.
Ich persönlich finde das Lied Mama & Papa emotional am eindrucksvollsten. Es handelt von ihrem Vater, der sie verlassen hat, als sie noch nicht geboren war. Mit ihrer Wut darüber hatte sie lange zu kämpfen und durch diesen Song schließt sie mit den Geistern der Vergangenheit ab.
Ihre Stimme klingt live genauso wie auf den CDs, aber die Emotionen lassen sich bei einem Konzert noch viel besser transportieren. Ich hatte das Gefühl, diese mitzuempfinden, und der kaum endende Applaus am Schluss des Konzerts zeigt, dass das gesamte Publikum ähnlich empfand. Mit dem Lied Final Song endet das ca. 1,5-stündige Konzert, bei dem sie alleine, nur mit Keyboardbegleitung auf der Bühne steht.
Wie schon bestimmt deutlich wurde, handelt es sich um einen perfekt gelungenen Abend und ich freue mich schon jetzt, die Ausnahmekünsterlin wieder live zu erleben. Wer auf den Geschmack gekommen ist, muss sich leider etwas gedulden oder eine weitere Anfahrt in Kauf nehmen, denn Kovacs tritt auf ihrer Europatour in den kommenden Monaten voraussichtlich nicht mehr in Deutschland auf. Aber einige Gigs sind für die Niederlande geplant und auch bei diversen Festivals oder Konzerten in anderen Nachbarländern kann man die einzigartige Künstlerin 2019 noch bewundern.
Infos:
https://www.warnermusic.de/kovacs
(lw)