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Ausflug #30 Gracie Abrams @Strom München 25.05.

Foto: Universal Music

Gracie Abrams ist keine Unbekannte mehr. Die 22-jährige Amerikanerin ist bereits jetzt eine der fesselndsten Songwriter*innen ihrer Generation und hat unter anderem die Aufmerksamkeit von Billie Eilish, Olivia Rodrigo oder Lorde auf sich gezogen. Den ersten Song hat die Künstlerin bereits mit 8 Jahren geschaffen, danach ging es nur bergauf für sie. Nach einer EP, ihrem neuen Album „This Is What It Feels Like“ und einer ausverkauften Tour in Nordamerika kam die Sängerin nun auch nach Deutschland und ich durfte für euch auf das Konzert.

 

25. Mai, es ist soweit. Mit der Bahn angereist komme ich kurz vor Einlass an. Die Schlange ist eeewig, manche Besuchende warten schon seit dem frühen Vormittag. Es wird sich also angestellt, die Türen gehen auf und wir sind relativ schnell drin.  Kurze Zeit später begann die Show mit dem Support Act: Alix Page.

 

Über Liebeskummer und ruinierte Bands

Auf den Support Act ließ ich mich vorbehaltlos ein. Ich kannte die Künstlerin davor nicht, hatte nur mal kurz reingehört, vor dem Konzert, um eine Ahnung zu haben. Die 20-jährige Amerikanerin aus Südkalifornien schaffte es aber schnell, die Stimmung im Raum einzufangen und für Gracie vorzubereiten. Mit sehr viel Authentizität und Offenheit begleitete sie sich selbst an der Gitarre und hatte zu allen Songs eine Story dabei – denn genau das ist Musik für sie. Geschichten aus ihrem Leben, Beziehungen, die sie verarbeiten kann, traurig über Bands singen, die sie jetzt nicht mehr hören kann – because “I think you might have ruined Radiohead, wie sie zum Beispiel in ihrem Song Radiohead verkündet. Alles Situationen, die wir genauso aus unserem Leben kennen – wer hat nicht den einen Song, die eine Band, den einen Film, der wegen einer Person für immer ruiniert ist? So führt uns Alix ruhig durch eine Reihe verschiedener Emotionen und Situationen und freut sich, mit uns hier zu sein und die Show für Gracie eröffnen zu dürfen. Und nicht nur sie freut sich – die ersten Fans ließen bereits Schilder, Tickets oder Handyhüllen signieren und verfolgten die Sängerin mit der Freude, die man nur verspürt, wenn man einen neuen Artist gefunden hat, der einem aus der Seele spricht. Alix verließ uns also nach einem abwechslungsreichen Set und wir blieben gespannt und aufgeregt zurück und freuten uns umso mehr auf Gracie.

 

“This is what it feels like”… to be at a concert again, finally.

 

Eine halbe Stunde später gingen die Lichter wieder aus, die Musik fing langsam an und dann kam schon der Star des Abends auf die Bühne. Der Grundstein jeder Show wird mit dem ersten Song gelegt – und Gracie Abrams legte einen guten Grundstein. Spätestens im Chorus von “Feels Like” besingt das Publikum mit den Zeilen “Living in a movie I’ve watched and / Funny, ‚cause you couldn’t have called it / Met you at the right time / This is what it feels like” nicht nur die Liebe, sondern auch den Konzertabend und Gracie. Mich begeisterte vor allem die Live-Interpretation – im Vergleich zur Studioversion war es der schnellere Beat und die stärkere Schlagzeugbetonung, die mich mitriss. Sofort wurde alles außen herum vergessen und ich konnte mich auf die Leichtigkeit und Einfachheit einlassen, die der Song mitbrachte.

Eine Pause zum Verschnaufen gab es nicht, es ging direkt mit dem nächsten Song weiter. So verhielt es sich die ersten 15 Minuten – Gracie sprach zwar nicht mit uns, aber auch so wurde schnell klar, wie sehr sie ihre Fans liebt und wie wichtig sie ihr sind.

 

“Falls ihr euch wundert, ob ich in meinem Pyjama vor euch stehe – ja, das ist mein Pyjama” – so in etwa leitete Gracie den Abend dann nach fünf Songs ein. Die Erklärung folgte auch schnell: Grund für das Outfit (was aber natürlich auch ohne Erklärung einfach iconic gewesen wäre!) waren starke Bauchschmerzen. Trotzdem stand – oder saß vermehrt auch – sie für uns auf der Bühne und lieferte eine starke stimmliche Show ab. 

 

Und es geht auch direkt weiter mit Songs aus ihrer EP “minor” – insgesamt habe ich mich über den guten Mix aus neuen Songs wie „Black Me Out“ oder von ihrem Album, aber auch älteren aus der EP wie „minor“ gefreut. Gracie hat insgesamt eine sehr gute Auswahl mit ihrer Setlist getroffen, die Übergänge zwischen den Songs waren fließend und die Live-Versionen ließen mehr Spielereien, mehr emotionales Ausrasten zu – und das war etwas, was ich mir vor dem Konzert erhofft habe und etwas, bei dem die Kanadierin mich sofort abholte.

 

Foto: Johanna Feger

 

Wird das hier eine Pyjamaparty?

 

Doch was den Abend vor allem prägte, waren die persönlichen Interaktionen. Passend zu ihrem Pyjama hatte Gracie nämlich neben ihrem Schlagzeuger einen weiteren Gast auf der Bühne – einen Teddybären. Als sie uns miteinander bekannt machte, stahl das Kuscheltier kurz die Show und erntete Applaus und einige verzückte Ausrufe. Aber wieso sie den Teddy jetzt dabei hatte? Die Pianistin der Sängerin musste die Tour leider vorzeitig verlassen, da sie zuhause eine Hochzeit besuchen wollte. Vom Publikum kam nur vollstes Verständnis zurück und auch wenn ich es natürlich schade fand, dass die Live-Besetzung heute alleine mit dem Schlagzeuger minimalistisch gehalten wurde, schadete diese der Show absolut nicht. Der freie Spot auf der Bühne ließ nun halt nur Platz für süße Kuscheltiere.

 

In dem Zusammenhang ist auch die intime Atmosphäre, die Gracie schaffte, erwähnenswert. Auch wenn sie – vermutlich schmerzbedingt – viel auf der Bühne saß und zwischen den Songs eher wenig mit uns sprach, merkte man vor allem in den ersten Reihen, welche Bindung trotzdem da war. Gracie schnappte sich für kurze Videos von der Bühne viele Handys aus der ersten Reihe, sie nahm viele Hände, wechselte viele Blicke. Es war wirklich eine besondere Stimmung und ein Verbundenheitsgefühl, welches sich schwer in Worte fassen lässt. Was zu dieser leichten und lockeren Stimmung außerdem beitrug, war die Belichtung – mehrere blumenförmig angeordnete Lampen konnten sowohl für Melancholie als auch für Freude und Glück sorgen.

 

Während ich also noch begeistert der Lichtshow zusah, holte Gracie sich eine Gitarre und begann mit “Camden”. Spätestens im Chorus, als die Kanadierin lautstark von mir und dem gesamten Publikum – dessen Durchschnittsalter definitiv unter 25 lag – bei der Zeile “can’t picture anything past 25” wurde klar, wie sehr sie uns mit den Lyrics auch aus unseren Seelen sprach. Nachdem sie mit ihrer neuesten Single “Block me out” noch den Wunsch geäußert hat, sich einfach manchmal selbst ausschließen zu können, weil man sich selbst so enttäuscht hatte und sich so fremd ist, legte sie die Gitarre auch bald wieder zur Seite und kam auch schon bald mit “For Real This Time”, “Wishful Thinking” und “I miss you, I’m sorry” zum Finale. Eine Zugabe gab es leider keine, allerdings ist das nach einer Stunde Konzert mit Bauchschmerzen auch mehr als schnell verziehen.

Foto: Gracie Abrams

 

Und jetzt: gute Nacht! 

 

Nicht nur Gracie verlässt die Bühne mit einem Lächeln – auch ich bin nach dem Konzert noch euphorisch und lasse die vergangenen 2 Stunden Revue passieren. Die Liveinterpretationen, die sich teilweise auf gute Art und Weise von der Studioversion unterschieden und energetischer waren. Mehr zum Tanzen und Lyrics schreien einluden. Die blumenförmigen Lampen, die das Strom in eine schöne Beleuchtung tauchten. Gracies entspannte und beruhigende Art, ihre zarte und doch kraftvolle Stimme. Ja, das war heute ein gutes erstes Konzert nach zu vielen Monaten ohne Livemusik.

 

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(jf)