CD-Reviews

BENEE – „Lychee“

Lalalala lalalala lonely  (I’m a lonely bitch)  Lalalala lalalala lonely  (SupaLonely) – ein Ohrwurm, den wir alle vor drei Jahren nicht loswerden konnten oder wollten. Seitdem ist viel passiert bei BENEE – vor kurzem erschien ihr zweites Album “Lychee”.

Über 7 Songs malt BENEE eine träumerische (Sound-) Kulisse und zeigt eine emotionale Seite von sich selbst. Sie singt von der ersten Verliebtheit, Herzschmerz und Self-Empowerment. Untermalt von für die Sängerin typische beatlastigen Melodien und einem vermehrten Einsatz von Synthesizern, verliert man sich leicht für 25 Minuten in einer ganz anderen Welt.

 

Leichtigkeit und Tagträume

Mit weichen Gitarrenklängen und einem entspannten Beat eröffnet BENEE die EP passend zum Titel des ersten Tracks: “Beach Boy”. Durch die Instrumentalisierung und – im Vergleich zu den restlichen Songs der EP – die sehr sanfte, unverzerrte Stimme zieht BENEE ihre Hörer:innen mit auf den Freeway und an den Strand. Man fühlt sich wie an einem entspannten Sommertag, den man abends am Lagerfeuer entspannt ausklingen lässt und einfach im Moment lebt.

Abgelöst wird der Song von “Soft Side” – und genauso klingt der Track auch. Damit hat Stella mit einem sehr beschwingten Beat mit vielen Tonwechseln und einer weichen Stimme einen Liebessong der etwas anderen Art geschrieben. Es geht um den Wunsch, eine Person näher kennenzulernen, hinter die Fassade zu blicken.

 

Den Kopf in den Wolken und die Stimmung im Keller

Verliebt sein, die anfängliche Unsicherheit, ob beide das Gleiche fühlen – darum geht es in “Hurt You, Gus”. Leichter Gesang, entspannte E-Gitarren Klänge und Synthesizer unterstützen Stella in ihrer Geschichte – man fühlt sich als direkter Gesprächspartner. Der ganze Song ist sehr ehrlich, man spürt die Liebe und das Vertrauen, die in dieser Beziehung existierten. Man spürt aber auch das Gefühl der Unsicherheit, der anfänglichen Beklemmung, welche die Künstlerin zu Beginn dieser Intimität und Beziehung fühlt.

 

Mit “Never ending” kippt diese Stimmung aber deutlich. BENEE arbeitet mit knirschenden, auseinander gezogenen Sounds und erzählt so ihre Story vom Verlassenwerden, von Betrug. 

Ihre monotone Stimme spiegelt gut das taube, dumpfe Gefühl nach einer Trennung wieder und beschreibt das ständige Gefühl, nicht gut genug gewesen zu sein und alles falsch gemacht zu haben. Niedergeschlagenheit und Zweifel sind die Narratoren dieser Geschichte. 

BENEE (c) Lula Chucchiara

Foto: Lula Chucchiara

 

I’m a bad bitch

Mit “Marry myself” verschiebt sich der Fokus des Albums allerdings – angefangen mit eher leichteren, energetischen Songs über Liebe und Herzschmerz, singt BENEE von Selbstbestätigung, davon, sich selbst zu heiraten. Es ist ein Song über die eigene Selbsterwartung und über den eigenen Selbstwert – sich nicht aus Erwartungen von anderen heraus zu etwas zu verpflichten, was eigentlich gar nicht passt und die eigenen Ziele und Gefühle zu kennen.

 

“I know it doesn’t matter, I know it doesn’t matter, none of this even matters” – Zeilen, die viele von uns kennen, sich selbst vielleicht oft einreden, versuchen, so die Bedeutung etwas abzuschwächen. Bei dem Song „Doesn’t Matter“ wird Stellas Songwriting Talent sehr deutlich – durch die sich immer wiederholende Aneinanderreihung derselben Aussage vermittelt sie das Gefühl von Anxiety. Ein Zustand, den viele von uns in den letzten, Pandemie geprägten Jahren verspürt haben.

Foto: Lula Chucchiara

 

Ein Gefühl der Hilflosigkeit, des Gefangen Seins. Mit sehr einfach gehaltener Instrumentalisierung und eindringlichen Lyrics schafft BENEE mit einer sehr intimen Atmosphäre einen zutiefst emotionalen und ehrlichen Song.

 

Zum Abschluss wird mit „Make You Sick“ nochmal ordentlich gepowert – getragen von vielen Verzerrern, starken Beats und abrupten Endungen erinnert Stella sich und die Hörer:innen daran, eine “Bad Bitch” zu sein. Der Song wirkt wie eine Selbsterinnerung, wie ein Mantra. Durch die eher düstere Atmosphäre, langen Textpausen und vielen Wiederholungen lädt BENEE dazu ein, die innere “Bitch” rauszulassen, den eigenen Platz einzunehmen und die anderen einfach mal die anderen sein zu lassen und nur auf sich selbst zu schauen.

 

 

Lychee

1 EP, 7 Songs, 26 Minuten. Von entspannten Sommerabenden über Hochs und Tiefs während der Sommerliebe zu selbst zentrierten, empowerenden Songs. All das bietet die neue EP von BENEE. Die Sängerin selbst sagt über die Anfänge der Produktion: “Being locked down in New Zealand felt like things were going to be like this forever and like I was wasting time. I was afraid that I’d run out of ideas or I would find it difficult to get through this writing trip”.

Diese Sorge hat sich allerdings nicht bestätigt. Musikalische Fans werden mit dieser Platte genauso auf ihre Kosten kommen wie Textliebhaber: viele Synthesizer, unterschiedliche Beats, viel stimmlicher Wechsel in Betonung und Tonhöhen schaffen sehr unterschiedliche Songs, die im großen Ganzen aber sehr stimmig sind. Sehr gezogene Worte, unzählige Wiederholungen, ausdrucksstarke Wiederholungen vermitteln Geschichten, die Zuhörer:innen direkt abholen und in ihre eigene Welt bringen. 

 

Und um sich jetzt auch in die Welt der Musik entführen zu lassen, kann man hier in die EP reinhören:

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(jf)