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Musik als Beruf Vol. 1: Sound and Music Production – Eva Werbach

Töne, Klangwelten und Musik sind heute unverzichtbare Teile jeder Medienproduktion. Ob Film, Game oder Website: überall finden Musik, Sound Design oder Sprachaufnahmen Verwendung. Der Studiengang „Sound and Music Production“, der an der h_da (Hochschule Darmstadt / University of Applied Science) angeboten wird, bildet StudentInnen interdisziplinär und praxisnah auf diesem Gebiet aus und vermittelt die dafür nötigen naturwissenschaftlich-technischen, akustischen, künstlerischen und musikalischen Kompetenzen. Nach dem Studium arbeiten die AbsolventInnen des Studiengangs überwiegend in der Medienproduktion, vor allem in kreativen, technischen oder Entwicklungspositionen, zum Beispiel in der Musikproduktion, beim Fernseh- oder Filmton, im Game Design, in Werbeagenturen, im Livebetrieb, beim Radio oder medialen Inszenierungen für Museen und Theater. Eine Studentin des Studiengangs, Eva Werbach, erzählt uns, wie ihr das Studium gefällt.

Foto: Angelik González

Wie bist Du darauf gekommen, „Sound and Music Production“ zu studieren?
Nach meinem Abitur Juni 2012 ging ich für ein halbes Jahr mit dem Rucksack nach Argentinien. Nach der Reise hatte ich immer noch keine klare Vorstellung darüber, wie mein Lebensweg weitergehen soll (ich wusste lediglich a) was ich mir alles nicht für die Zukunft vorstellen konnte und b) dass etwas Kreatives, etwas mit Musik oder Tieren die richtige Richtung sein könnte). Über die Agentur für Arbeit, man glaubt es kaum, wurde mir IMAL (International Munich Art Lab) als geeignete Momentanlösung vorgeschlagen. Die Chance zu nutzen, in den darstellenden Künsten (Singen, Tanzen, Schauspiel) zwei Jahre kostenfrei gefördert zu werden und mir in der Zeit noch einmal klarer werden zu können, in welche berufliche Richtung ich gehen will (mit Ausbildung oder Studium), erschien mir in meiner damaligen Situation richtig und hilfreich. Nach einem Dreivierteljahr kam jedoch immer mehr der Druck in mir auf, mich doch langsam mal mehr festzulegen, was ich machen/werden will.

Einen Monat lang (ca. Februar 2014) überlegte ich fast schon verkrampft, was ich mir für mich und meinen weiteren beruflichen Weg vorstellen könnte. Ein Freund bekam davon mit, dass ich gerade auf „verzweifelter“ Suche nach der geeigneten Ausbildung/Studium war. „Warum studierst du nicht „Sound and Music Production“ an der h_da in Dieburg?“ fragte er mich. Obwohl mich anfangs die Eignungsprüfung und die Lage des Campus’ abschreckte (es ging hier um ein Studium in Dieburg und nicht in Hamburg, Berlin oder München), überzeugte und interessierte mich der Studiengang. Ich bewarb mich, lernte so gut es ging auf die Eignungsprüfung im Juni – welche in meinem Bewerbungsjahr glücklicherweise und als Ausnahmesituation nur aus einer schriftlichen Eignungsprüfung und einem Interview mit 3 Dozenten bestand – und hoffte, dass ein Bestehen mein Leben in eine positive Richtung bewegen würde und die Entscheidung, was ich in naher Zukunft machen würde, vorerst vom Tisch sei. Von ca. 200 BewerberInnen wurden ca. 65 BewerberInnen genommen (laut der Aussage eines Dozenten gibt es keine Frauenquote – ich hatte 4 Semester später explizit nachgefragt). Anfang Juli bekam ich die Zusage für einen Studienplatz im Bachelorstudiengang „Sound and Music Production“ an der Hochschule Darmstadt. Jetzt bin ich im 6. Semester.

Das Mischpult des Hochschulrecordingstudios

Kannst Du Dein Studium näher beschreiben?
„Sound and Music Production“ ist ein interessanter, dennoch sehr technischer Studiengang. Er bietet die Möglichkeit, viel in der Materie zu lernen, erfordert jedoch eine starke Eigeninitiative außerhalb der Unterrichtszeit, wenn man wirklich gut werden will. Das heißt, das Equipment steht den StudentInnen zur Verfügung, auch DozentInnen stehen bei Bedarf Rede und Antwort – Initiative und Engagement werden jedoch von den StudentInnen erwartet. Wer also abseits der Theorie und den paar Pflichtprojekten während eines Semesters Praxiserfahrung sammeln will, muss privat Projekte organisieren und eigenständig realisieren, darf sich jedoch beim Hochschulequipment bedienen. Schwierigkeiten bereitet das Studium sicherlich, wenn man komplett neu in dieser Materie ist, evtl. nicht das größte Ego pflegt und der ganzen Materie noch sehr unsicher und praxisfern gegenübersteht.

Wo hast Du Dein Praktikum gemacht und was hast Du dort gelernt?
Mein 6-wöchiges Vorpraktikum habe ich in zwei Studios in München gemacht. Zu meinen Aufgabengebieten gehörten Audioschnitt, Sprachaufnahmen, Vertonung von Filmszenen, Mischung von Funk-Spots, hauptsächlich jedoch Lernen durch Beobachten; außerdem Tonschnitt, Synchronaufnahmen diverser Produktionen, Mischung von Kinofilmen/Serien.

Mein 6-monatiges Hauptpraktikum im 5. Semester (Pflicht: mind. 4 ½ Monate) konnte ich in Hamburg in einem Tonstudio machen. Zu meinen wesentlichen Aufgaben gehörten: Assistenz bei diversen Aufnahmen (Band, Vocals, Instrumente), Digital Editing (Digitale Bearbeitung), organisatorische Tätigkeiten (Studiobetrieb). Was ich definitiv gelernt habe, ist, wie ein Studioalltag im “echten Leben“ abseits der behüteten Hochschulsituation aussehen kann. Die Art der Auseinandersetzung und Kommunikation mit KünstlerInnen. Welche Schritte nötig sind, um von einer groben Idee zu einem fertigen Song zu gelangen.

Wie sah ein typischer Arbeitstag aus?
Als Praktikantin habe ich einen umfangreichen Einblick in den Alltag eines renommierten Tonstudios erhalten. Je nach Projekt beinhaltete ein Praktikumstag 7-9 Std. (öfters auch – projektabhängig – länger oder am Wochenende). Innerhalb des sechsmonatigen Praktikums schaut man täglich professionellen Engineers und ProduzentInnen bei ihrer Arbeit über die Schulter. Zwar bekommt man während des Studiums einen groben Einblick, wie Produktionen von Anfang bis Ende ablaufen können, wirklich erfahren kann man es jedoch erst vor Ort im Praktikum. Unterschiedliche KünstlerInnen sind auf die Fähigkeiten der Engineers und des/der Produzenten/Produzentin angewiesen, um zu dem gewünschten Soundtrack zu gelangen, der von beiden Seiten angestrebt wird. Im Praktikum lernt man wichtige und interessante Arbeitstechniken und Herangehensweisen kennen, die für die eigene berufliche Arbeit weiterhelfen. Man bekommt einen umfassenden Einblick in das Berufsfeld und die damit einhergehenden Herausforderungen und zu erbringenden Leistungen. Da man jedoch Praktikant ist, bleibt auch das typische klischeehafte Kaffekochen dennoch nicht aus 🙂

Welche Schwierigkeiten haben sich in Deinem Studium und Deinem Praktikum offenbart?
In dem Studio in Hamburg herrschte eine sehr freundschaftliche, herzliche und angenehme Arbeits-Atmosphäre. Ich fühlte mich von Beginn meines Praktikums an sehr wohl dort und wurde von allen Kollegen gleich positiv in die bestehende Arbeitsgemeinschaft aufgenommen. Ich hatte vor Beginn meines Praktikums die Hoffnung und den Eindruck, eine gewisse Routine in diversen, musikproduktionsrelevanten Tätigkeiten erlangen zu können. Durch gezieltes Heranführen an schwierigere Tätigkeitsbereiche, hätte ich möglicherweise noch mehr erlernen können. Doch Bemühungen seitens des Betriebes, dass man als Praktikantin möglichst viel dazulernen und aufgrund geringer Berufserfahrung, Selbstsicherheit in den anfallenden Aufgaben der Musikproduktion gewinnen könnte, blieben leider aus. Stattdessen bekam ich hin und wieder Aussagen zu hören, wie „Du musst Dir Dein Wissen selbst erkämpfen“ und „Wer keine Eigeninitiative ergreift, der verliert“. So kam in mir manchmal das Gefühl auf, dass alles, was ich in meiner Praktikumszeit hätte erlernen wollen, wie Selbstsicherheit im Umgang mit schwierigen Tätigkeitsbereichen der Musikproduktion, an mir allein lag. Wenn ich nun mit etwas Abstand auf die Zeit zurückblicke, denke ich, dass es bei manchen Aufgaben mehr Motivation und Hilfeleistungen gebraucht hätte, um im praktischen Berufsalltag mehr aufblühen zu können. Nach meinem Ermessen haben gerade in einem Praktikum Motivation und Unterstützung durch den Arbeitgeber durchaus Sinn, um dem Angestellten auch verschiedene Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.

In Deinem Studium bist Du bestimmt eine der wenigen Frauen. Wie ist das für Dich?
An sich überhaupt nicht schlimm. Studiere gerade noch mit 6 anderen sehr netten Frauen (zu Beginn waren es ca. 11 Frauen (also 5 durchgefallen oder abgebrochen) und der Rest sind zwar Männer, jedoch in meinem Studiengang durch die Bank sympathische, nette und hilfsbereite Menschen. Hab ein gutes Semester erwischt. Die Studieninhalte sollten einen im Schnitt interessieren und man sollte das Gefühl haben, dass das, was man gerade macht (studiert), in der Momentansituation die richtige Entscheidung ist – ob man dann als Frau einer Minderheit angehört, fällt dann nicht wirklich ins Gewicht.

Arbeitsplatz beim Hochschulkonzert

Hattest Du das Gefühl, dass Deine Studienkollegen anders lernen und sich Technik anders aneignen?
Die meisten Jungs (in meinem Semester zw. 20-34 Jahre alt, momentan grob 45 Studenten) sind unglaublich technikaffin und kamen bereits größtenteils aus der Praxis (Medienkaufmann, DJ, Praktika, Eventmanagement, Veranstaltungstechniker, usw.) und meist sowieso auch mit einer guten Portion Selbstbewusstsein und Tatendrang. Ich als Typ (evtl. auch ein oftmaliges Frauenproblem) stellte mich bestimmt von Anfang an mehr in Frage und traute mir immer im Vergleich weniger zu (das ist, denk ich, immer noch oftmals so). Klar, es wird einem nichts geschenkt, und manchmal hab ich dann auch das Gefühl, der ein oder andere Typ denkt sich: „Oh mein Gott, warum ist die eigentlich bei uns, was kann die denn schon?“ – Aber mein Gott „so what“? Jede/r hat sein eigenes Tempo, das sollte okay sein. Und jede/r lernt auf andere Art und Weise schnell und gut. Gerade an die Frauen: Nur Mut – wir können mehr als wir uns vielleicht manchmal zugestehen!

Würdest Du Dein Studium anderen Frauen empfehlen?
Auf jeden Fall. Es braucht mehr Frauen in diesem Bereich. Die Mischung macht’s, denk ich. Frauen gehen manchmal im Vergleich zu Männern anders, dennoch wertvoll an Dinge ran. Vielleicht tun wir uns in manchen technischen Fragen etwas schwerer uns hineinzudenken, oder das Interesse vertieft sich dann doch nicht so wie bei dem ein oder anderen Mann – ich denke jedoch, wer eine/n gute/n LehrerIn hat und an der Materie (mit vielen verschiedenen Teilthemen) interessiert ist, kann vieles lernen und erreichen und einen Interessenschwerpunkt finden.

Was ist Dein Ziel nach dem Studium?
Kurz: Finanzielle Unabhängigkeit und persönliche Zufriedenheit mit mir und meinem Leben. Das Studium ist nur ein Lebensabschnitt. Ich interessiere mich weiterhin für Themenfelder wie Musikproduktion, (Dokumentar-)Film und Singer-Songwriter-Themen. In einem der Bereiche mit netten, ehrlichen und interessanten Menschen (gerne auch eine nette, weltoffene Agentur mit Rückgrat und Herz) schöne und wertvolle Projekte zu realisieren, ist eine gute Aussicht.

INFOS ZUM STUDIUM

Wo: Hochschule Darmstadt (University of Applied Science), Standort Dieburg
Wie lange: 7 Semester
Voraussetzungen: Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung, Eignungsprüfung (Arbeitsprobe, Praxisteil und Fachgespräch), Interesse an Literatur, Musik und zeitgenössische Entwicklungen in Medien, Kunst und Kultur, Interesse an Hörspielen, Hörbüchern, Radio-Dokumentationen, Hörcollagen.
Bewerbung: Die Online-Registrierung beginnt am Mittwoch den 01.03.2017, die vollständige Bewerbung muss bis zum 01.06.2017 bei der h_da eingegangen sein. Die Eignungsprüfung findet voraussichtlich vom 26.06 bis 30.06.2017 statt.
Studiengebühren: keine

Inhalt
Vor Beginn des Studiums sollte ein 6-wöchiges Vorpraktikum gemacht werden (kann notfalls bis zum Beginn des 3. Semesters nachgeholt werden). In den ersten beiden Semestern vermitteln die Studieninhalte technische und akustische Grundlagen der Sounddesign- und Musikproduktion. Daneben arbeiten die Studierenden in kleinen Teams an ersten eigenen Projekten. Diese Projektorientierung wird in den darauf folgenden Semestern ausgeweitet. Dabei arbeiten die Studierenden in Teamarbeit an komplexen Themen aus allen Bereichen der algorithmisch/digitalen Klangbearbeitung sowie Musik- und Sounddesignproduktion. Diese Projekte erfüllen professionelle Qualitäts- und Workflow-Standards. Zudem ermöglichen theoretische Veranstaltungen und Wahlpflichtkurse eine Vertiefung des Studiums nach eigenen Interessensschwerpunkten. Um einen genaueren Einblick in die Praxis zu bekommen, wird im 5. Semester  ein 18-wöchiges Praktikum absolviert. Im Studium sind spannende Projekte integriert, in denen die StudentInnen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können und gleichzeitig am Puls der Zeit arbeiten.

Empfehlung
Die Ausstattung am Mediencampus wird von den Studierenden sehr gelobt, es stehen vielfältige Arbeitsräume, Software und technisches Equipment zur Verfügung. Außerdem sind in dem Studiengang DozentenInnen ganz unterschiedlicher Fachrichtung und Expertise tätig.

Wer sich für diesen Bereich interessiert, findet auf der Website der Hochschule weitere Infos; ähnliche Angebote findet Ihr bei der Deutschen POP , dem SAE Institut  u.a.

(sm)