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Musik als Beruf Vol. 2: Musicaldarstellerin – Susanne Anders

Ihr habt Lust, auf der großen Showbühne zu stehen und tosenden Applaus zu erhalten? In schönen Kostümen zu berühmten Liedern zu performen und Choreographien einzustudieren, die mehr als das bloße Merken von Tanzschritten erfordern? Eure Leidenschaft für Musik, Tanz und Schauspiel zum Beruf zu machen? Verschiedene Hochschulen wie die Folkwang Universität der Künste in Essen oder die Universität der Künste Berlin eröffnen den Weg dahin. Die Academy of Stage Arts (Staatlich anerkannte Musical- und Schauspielschule in Oberursel) bietet sowohl eine Vollzeit-, als auch eine Teilzeitausbildung in Gesang, Schauspiel und Tanz an. Die Musicaldarstellerin Susanne Anders wurde dort ausgebildet und spricht im Interview über ihren Werdegang und ihre Erfahrungen in diesem Beruf.

Du hast eine Ausbildung in Gesang, Schauspiel und Tanz. Kannst Du uns etwas über Deine Ausbildung erzählen?
Ich habe von 2003 bis 2004 im Ballett & Tanzstudio Luley Frankfurt eine berufliche Vorausbildung in Tanz absolviert, was sämtliche Tanzstile wie Ballett, Modern Dance, Jazz Dance, Stepptanz, Flamenco, Tanzimprovisation, Kreativtanz beinhaltete. Direkt im Anschluss begann meine dreijährige Ausbildung zur Musicaldarstellerin an der Academy of Stage Arts in Oberursel (bei Frankfurt/M.). Diese Ausbildung enthält die drei Intensivstudiengänge Gesang, Tanz und Schauspiel.

Wolltest Du schon immer Musicaldarstellerin werden oder hat sich das eher so ergeben?
Ich habe mich mit Musik und Bewegung immer eng verbunden gefühlt, aber, dass ich als Kind bereits Musicaldarstellerin werden wollte, kann ich nicht behaupten. Meine Eltern haben sich für ihre Kinder natürlich lieber ‚vernünftige‘ Berufe gewünscht und so wurde ich auch erzogen. Aber spätestens zu meiner Abiturzeit habe ich mich endgültig zu meinem wahren innersten Wunsch bekannt, Gesang, Tanz und Schauspiel zu studieren, egal was kommen sollte.

Wir haben gelesen, Du kannst Jazz Dance, Modern Dance, Ballett, Stepp-Tanz, Irish Tap Dance, HipHop, Gesellschaftstanz, Flamenco, Karate, Hochstelzenlauf, Jonglage und spielst Gitarre – scheinst also eine Allrounderin zu sein. Wo  und wann hast Du das alles gelernt?
Gesteppt habe ich tatsächlich bereits fünf Jahre in meiner Schulzeit und das ist bis heute auch eine meiner Stärken. Genauso habe ich – wie viele Menschen als Jugendliche – eine Tanzschule besucht, wo ich bis zum Gold Star-Niveau Gesellschaftstanz gelernt, aber auch HipHop getanzt habe. Auch heute nutze ich noch jede Gelegenheit, um auch so mal wieder über eine Tanzfläche zu schweben. Die anderen Tanzstile habe ich – wie oben bereits erwähnt –  in meiner Tanzausbildung und in all den folgenden Jahren ergänzend auf Workshops mit internationalen Dozenten erlernt und trainiert. In einer Musikschule habe ich eine Zeit lang klassische Gitarre gelernt und spiele auch hin und wieder noch ein bisschen.
Karate hat einen Großteil meines Lebens begleitet und stark beeinflusst. Ich mache seit 25 Jahren Karate, wovon ich 8 Jahre lang auf nationaler und internationaler Ebene Leistungssport betrieben und 16 Jahre lang Schüler von 4-70 Jahre unterrichtet habe. Hochstelzenlauf und Jonglage kamen während meiner Musicalausbildung nebenher dazu.

Was machst Du am liebsten?  Welche der Sparten Gesang, Schauspiel und Tanz reizt Dich am meisten?
Hm, schwer zu sagen. Die Kombination aus allen dreien ist einfach immer wieder genial. Ich glaube, dass ich alle drei Sparten sehr gerne ausübe. Wobei meine Stärken sicher eher bei Gesang und Schauspiel liegen.

Fällt es Dir leicht, Deinen Lebensunterhalt als Künstlerin zu verdienen?
Nun ja, in meinem Beruf sind kurzfristige Beschäftigungen gang und gäbe. Man hat nie einen Festbetrag, der monatlich auf das Konto kommt wie bei einem Angestellten. Es gab Zeiten, in denen ich Probleme hatte, meine Miete für den nächsten Monat reinzubekommen, vom Geld zum Leben ganz zu schweigen. Das habe ich dann mit verschiedenen Nebenjobs wie z.B. kellnern ausgeglichen. Das ist das Los eines Freiberuflers. Wobei ich inzwischen seit ein paar Jahren an verschiedenen Schulen regelmäßig Gesang, Tanz und Schauspiel unterrichte und damit schon mal monatlich ein relativ fester Betrag reinkommt. Das entspannt schon immens.
Als Fazit könnte man sagen: Solange man als Künstlerin flexibel, offen und mit voller Leidenschaft dabei bleibt, dann ist es auch möglich, sich seinen Lebensunterhalt in dieser Branche zu verdienen.
Manchmal ist es nicht leicht, aber ich lebe meine Leidenschaft, meinen Traum und das ist es mir wert.

Wie kommst Du an Engagements?
Freie Stellen werden ausgeschrieben oder ich erfahre durch die staatliche Künstleragentur ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung) von ihnen. Ich muss mich immer wieder an den Theatern für die Produktionen bewerben. Dann werde ich im Idealfall zu einem Vorsingen, Vortanzen oder Vorsprechen – auch Audition genannt – eingeladen. Nachdem man oft erst mehrere Casting-Runden durchlaufen hat, entscheidet sich ob man die Rolle bekommt oder nicht.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft? Welche Projekte hast Du geplant?
Ich möchte noch möglichst viele verschiedene Stücke und Musicals an vielen verschiedenen Bühnen spielen und niemals den Spaß und die Leidenschaft an meinem Beruf verlieren. Das wünsche ich mir.
Diesen Sommer bin ich bei den Clingenburg Festspielen in Klingenberg am Main mit drei Produktionen auf der Freilichtbühne zu sehen, im Musical „Cabaret“ sowie den Theaterstücken „Aladin“ und „Ein Münchner im Himmel und in der Hölle“. Ab September spiele ich im Musical „Die 7 Todsünden“ in Mainz und auch wieder in der Alten Liebe Revue in Frankfurt. Währenddessen laufen schon wieder die Proben für das neueste Projekt der Mainhatten Sisters „Frisch raus geputzt – Christmas on Broadway“ und ab Oktober werde ich wieder mit dem Tourneetheater Gruseldinner mit den Stücken „Jack the Ripper“ und „Dracula“ unterwegs sein. Langweilig wird mir also nicht.

Würdest Du Deine Ausbildung anderen Frauen weiterempfehlen?
Es gibt in der Musicalbranche mehr Frauen als Männer. Wo sich 500 Frauen für eine Produktion bewerben, da bewerben sich 50 Männer. Nur um einmal das Verhältnis deutlich zu machen.
Aber wenn es jemand liebt, zu singen, zu tanzen und Theater zu spielen und zusätzlich noch genug Biss und Bereitschaft zu kämpfen mitbringt, dann steht demjenigen nichts im Wege. Egal, ob Frau oder Mann.

INFOS ZUR AUSBILDUNG

Wo: Academy of Stage Arts, Oberursel
Wie lange: vier Jahre
Voraussetzungen: mittlere Reife, gute deutsche Sprachkenntnisse, musikalische Vorkenntnisse (das Beherrschen eines Instruments, sowie Tanz-Vorkenntnisse sind von Vorteil), Vorstellungsvermögen, Bühnenpräsenz, Umsetzungsvermögen, Fantasie, stimmliche Disposition, Bewegungspotential, Aufnahmeprüfung (Vorsingen und Vorspielen einer Theaterszene – Mindestalter 16 Jahre und Höchstalter 25 Jahre)
Bewerbung: Motivationsschreiben, Lebenslauf, Lichtbild, Abschlusszeugnisse
Kosten: Vollzeitausbildung 490 Euro monatlich

Inhalt
Musical:
Tanztraining quer durch alle Tanzstile, Atem-Training, Sprech-Training, Lied-, Text- und Filmanalysen, Gesangsunterricht
Schauspiel: verschiedene Tanz-Trainings, Bühnensprechen, Atemtraining, Musiktheorie, Text-, Film- und Theaterstückanalyse, Gesangsunterricht, Medientraining, Pantomime

Weitere Infos: Academy of Stage Arts (Oberursel), Folkwang Universität der Künste (Essen), Universität der Künste (Berlin) u.v.a.

 (jg/jb)