Als ich mich gestern auf den Weg von Frankfurt nach Aschaffenburg machte, um die schwer einzuordnende und außergewöhnliche Band „Samsas Traum“ zu erleben, wusste ich noch nicht, dass vor allem der Supportact – eine lettische Singer-/Songwriterin – mich so aus der Bahn werfen würde.
Als Vic Anselmo allein auf die Bühne kam und sich an ihr Keyboard setzte, herrschte noch nicht wirklich Ruhe in der Konzerthalle – viele Leute saßen an Tischen, tranken noch etwas oder unterhielten sich. Zwar hatte sie nur ungefähr 30 Minuten Spielzeit, doch das reichte, um die Atmosphäre komplett zu verändern. Bereits nach den ersten Tönen kehrte Ruhe ein und die Leute hörten interessiert zu. Mich traf ihre Stimme wie ein Schlag! Ich stand mit meinem Freunden ziemlich weit vorn und konnte sie gut sehen. Nach und nach gesellten sich immer mehr Leute zu uns und begannen sich langsam im Takt der Musik zu bewegen. Bereits nach dem ersten Song drehte sich eine Freundin zu mir und wiederholte das Wort „Krass!“ ungefähr zehnmal hintereinander. Ich stand nur still da und mir rannen Schauer durch den Körper. Gänsehaut pur!
Mit einer Stimme, die zugleich zarte und kräftige Töne kunstvoll hervorbringt, sprang Vic Anselmo in den Oktaven umher – von langen hohen Tönen bis zu tiefen war alles dabei. Fast alle ihre Songs waren Balladen, jedoch wurde es keinesfalls langweilig, denn alle ihre Songs unterschieden sich durch verschiedene Emotionen und Texte stark voneinander. Ich hätte gerne mitgesungen, doch leider kannte ich ja die Texte nicht und die Songs waren so abwechslungsreich und besonders, dass es sicher längere Zeit dauert, bis man sie halbwegs erlernt. Die emotional-intensiven Klänge passten gut zu der düster-rockigen Atmosphäre in der Konzerthalle.
Ich war schon fast enttäuscht, als ihre Spielzeit zu Ende ging, obwohl ich ja eigentlich wegen „Samsas Traum“ hergekommen war. Doch ich hatte Glück, denn sie kam nochmal als Keyboarderin der Band auf die Bühne und sang später mit dem grandiosen Sänger Alexander Kaschte sogar ein Duett! Obwohl sie vorher ihre Balladen noch auf Englisch gesungen hatte, sang die in Bochum lebende Lettin nun auf Deutsch. Wie ich später durch ein Interview mit ihr auf Youtube herausfand, war es für sie nicht einfach, die deutsche Sprache zu erlernen und sie bekam dabei viel Hilfe von deutschen Freunden. Auch zeigte sich ihre extreme Wandlungsfähigkeit in den Videos, die ich auf Youtube von ihr fand. Durch ihre ruhigen Balladen in dem Konzert hatte sie mich ein bisschen auf die falsche Fährte gelockt. Denn ihre Stärke liegt nicht nur in den sanften Akustik-Klängen. Sie wurde in ihrem Musikstil von vielen verschiedenen Musikrichtungen beeinflusst – vor allem Gothic Metal, Rock und Grunge – und auch ihre zwei früheren Platten gehen eher in diese Richtung.
Vic Anselmo (Mitte) mit Autorin Jasmin (links)
Nach dem gesamten Konzert, dass ungefähr drei Stunden dauerte, freute ich mich schon am Merchandise-Stand Vic Anselmo’s im Oktober veröffentlichtes, neues Album zu kaufen – und das, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, bei diesem Konzert mal nichts zu kaufen… Naja, es lohnte sich auf jeden Fall total! Besonders als sie dann noch persönlich zu den Fans herauskam und mir meine CD signierte. Ich war total glücklich und meine Freunde und ich redeten noch etwas mit ihr und lobten sie für ihren grandiosen Auftritt. Sie war sehr nett und offen und wir durften sogar noch Fotos mit ihr machen. Lange nicht war ich so begeistert von einem Konzert gewesen!
Als ich später im Bett lag, konnte ich trotz später Stunde nicht widerstehen und hörte mir sofort das neue Album „Who Disturbs The Water“ an. Es gefiel mir super, die Gänsehaut kehrte wieder zurück und ich erkannte neben vielen noch ungehörten Songs auch ein paar vom Konzert. Die Singer-/Songwriterin schreibt alle ihre Texte und Melodien selbst. Und nicht nur das – auf ihrem liebevoll gestalteten Album findet sich neben den Songs auch ein Booklet mit teils von ihr selbst gemalten Bildern. Jetzt hatte ich also doch eine Chance darauf, bei ihrem nächsten Konzert vorbereitet zu sein und mitsingen zu können. Auf dem Album begleitet sie sich selbst mit dem Piano und wird dabei manchmal von leisen Akustik-Gitarrenklängen und Percussion unterstützt. Ich freute mich, dass ich keinen Fehlkauf getan hatte, denn mit ihren sanften Klängen und schönen, beruhigenden Melodien wiegte mich Vic Anselmo’s Gesang schließlich in den Schlaf.
Weitere Termine:
27.11.2015 Alte Spinnerei/Glauchau (Support Samsas Traum)
28.11.2015 Kesselhaus/Singwitz (Support Samsas Traum)29.11.2015 TheARTer Gallery/Berlin (Support Kari Rueslatten)
Infos: http://www.vicanselmo.com/
(jg)